Die Deutsche Bahn steht vor einem Jahrzehntprojekt: Nach Jahren des Sanierungsstaus soll das marode Schienennetz umfassend modernisiert werden. Umfangreiche Investitionspakete und neue Strategien sollen dafür sorgen, dass Züge künftig wieder pünktlicher und zuverlässiger rollen.
Bahnnetz am Limit: Warum die Infrastruktur jetzt erneuert werden muss
Jahrzehntelang wurden Deutschlands Schienen, Weichen und Brücken nur unzureichend instand gehalten. Die Folgen spüren Reisende und Wirtschaft: Häufige Störungen, Langsamfahrstellen und Verspätungen sind an der Tagesordnung. Bahn-Chef Richard Lutz beziffert den zusätzlichen Finanzierungsbedarf für die Modernisierung der veralteten Bahn-Infrastruktur auf rund 150 Milliarden Euro. Viele Anlagen stammen noch aus dem letzten Jahrhundert – manche Stellwerke gar aus der Kaiserzeit – und sind entsprechend störanfällig. Dieser Investitionsstau gefährdet nicht nur die Pünktlichkeit, sondern auch das Wachstum der Schiene als klimafreundlichem Verkehrsträger.

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Foto: Pablo Castagnola/DB
Generalsanierung vielbefahrener Korridore: Neue Herangehensweise an Baustellen
Ein zentrales Element der Offensive ist die Generalsanierung von hochbelasteten Streckenkorridoren. Anstatt wie früher ständig einzelne Stellen auszubessern und dadurch Dauerbaustellen zu erzeugen, setzt die Bahn nun auf gebündelte Vollsperrungen: Eine stark befahrene Strecke wird für einige Monate komplett gesperrt und in einem Rutsch umfassend erneuert. Dieses Konzept startet 2024 mit der Riedbahn (Frankfurt–Mannheim) als Pilotprojekt. Insgesamt sollen in den kommenden Jahren rund 40 solcher Korridore einer Grundsanierung unterzogen werden. Während der Sperrung werden Schienen, Schwellen, Leitungen und Signaltechnik komplett ausgetauscht. Durch diese konzentrierte Bauweise verringern sich unterm Strich die Bauzeit und die Zahl der Störungen, da nach der Wiedereröffnung für Jahre Ruhe auf der Strecke sein soll. Für die betroffenen Fahrgäste bedeutet das zwar temporär Ausweichverkehr, langfristig profitieren sie jedoch von zuverlässigeren Verbindungen.
Ausbau und Digitalisierung: Mehr Kapazität und moderne Technik im Netz
Neben der Reparatur des Bestehenden fließt ein Teil der Mittel auch in den Ausbau und die Digitalisierung der Schiene. Engpässe im Netz – etwa auf wichtigen Knoten oder eingleisigen Abschnitten – sollen durch zusätzliche Gleise und Weichen beseitigt werden. So ist geplant, bestehende Bahnhöfe zu vergrößern und zusätzliche Trassen zu bauen, um mehr Züge aufnehmen zu können. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Umstellung auf digitale Stellwerkstechnik und das europäische Zugleitsystem ETCS. Alte Relaisstellwerke werden durch digitale Leit- und Sicherungstechnik ersetzt, was die Betriebsführung effizienter macht und mehr Züge dicht getaktet fahren lassen kann. Durch die Digitalisierung will die Bahn Kapazitätsengpässe mildern, ohne überall neue Strecken bauen zu müssen. Schließlich wird auch in neue Züge und modernere Wagen investiert, damit das System Schiene insgesamt attraktiver wird.
Langfristige Effekte: Was die Branche und Fahrgäste erwarten können
Das Ambitionsniveau dieses Modernisierungsschubs ist hoch – ebenso wie die Erwartungen. Gelingt die Umsetzung, dürfte das deutsche Bahnsystem deutlich zuverlässiger und leistungsfähiger werden. Für Bauunternehmen und Ingenieurbüros bedeutet die Infrastruktur-Offensive volle Auftragsbücher über Jahre hinweg. Gleichzeitig stellt die Koordination der zahlreichen Baustellen alle Beteiligten vor Herausforderungen: Es gilt, genügend Fachkräfte bereitzustellen und die Auswirkungen auf den laufenden Bahnbetrieb so gering wie möglich zu halten. Mit dem bereitgestellten Budget und neuen Ansätzen wie der Generalsanierung ist man jedoch auf einem guten Weg. Das Ziel: ein robustes Schienennetz, das zukünftigen Verkehrsanforderungen gewachsen ist und Fahrgästen wie Güterkunden einen zuverlässigen Service bietet. Die Bahn-Branche sieht in den Rekordinvestitionen einen historischen Wendepunkt – weg vom Notbetrieb, hin zu einer modernen Infrastruktur, die dem Rückgrat eines nachhaltigen Verkehrssystems gerecht wird. Bleiben die Mittel langfristig gesichert, könnte die aktuelle Offensive den Grundstein für eine echte Verkehrswende auf der Schiene legen.
Quellen:
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Deutsche Bahn AG. (2024, März 21). Deutsche Bahn investiert 2023 Rekordsumme von 7,6 Milliarden Euro in die Starke Schiene in Deutschland. https://www.deutschebahn.com/de/presse/pressestart_zentrales_uebersicht/Deutsche-Bahn-investiert-2023-Rekordsumme-von-7-6-Milliarden-Euro-in-die-Starke-Schiene-in-Deutschland-12760202
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Tagesschau. (2025, Januar 2). Deutsche Bahn steckt so viel Geld wie nie in Infrastruktur. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/bahn-investitionen-bilanz-100.html
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Investment Week. (2025, Januar). Deutsche Bahn markiert Wendepunkt durch Rekordinvestitionen in die Infrastruktur. https://www.investmentweek.com/deutsche-bahn-markiert-wendepunkt-durch-rekordinvestitionen-in-die-infrastruktur/


